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Der
Entwurf des Einbands hat eine Grundidee, die unmittelbar mit dem
Tagungsort in Zusammenhang steht: Die Göttinger Altstadt mit
den
prächtig strukturierten Fachwerkfronten der alten
Häuser.
Hier bot sich ein sehr markanter Berührungspunkt: Das Holz der
alten Häuser und das Holz von historischen Buchdeckeln.
Umgesetzt
wird diese Idee durch das verwendete Material. Die Berliner
Buchbindermeisterin und Buchgestalterin Sarah Müller entschied
sich für Korkpapier, das durch seine Struktur den Betrachter
sofort an Holz erinnert. Doch dieses „Holz“ auf dem
Einband
verlangte nach einer Gliederung. Die Lösung war eine
Linienvergoldung, ausgeführt von Hand mit Foliengold. Wie die
Balken im Fachwerk der alten Häuser geben die goldenen Linien
dem
Einband nicht nur ein prägnantes Aussehen, sondern sorgen auch
für den inneren Zusammenhalt. Durch die Oberflächenbeschaffenheit des Korkpapiers bedingt, ergibt sich ein weiteres interessantes Detail, das erst beim genaueren Betrachten auffällt. Die Linienvergoldung scheint zunächst nicht perfekt zu sein, wird an vielen Stellen durch kleine Einkerbungen und Unebenheiten unterbrochen. Doch das ist ein durchaus beabsichtigter Effekt. Denn auch die Balken der Häuser sind nach Jahrhunderten nicht mehr perfekt erhalten und man sieht ihnen an, dass die Zeit nicht spurlos an ihnen vorüber gezogen ist. Als Material für den Rücken wird schwarzes Velourpapier verwendet und so eine moderne Interpretation des klassischen Lederrückens geboten. Eine Fünfstichheftung mit umgelegtem, doppeltem Vorsatz rundet die elegante, zeitlos wirkende, Erscheinung des Bradelbandes ab. Ein besonderes Ausrufezeichen wird auch beim Vorsatzpapier gesetzt. Das markante Wasserzeichen zeigt deutlich und unverwechselbar an, dass hier hochwertiges, handgeschöpftes Römerbütten verwendet wurde. Alle Materialien, die beim Einband begegnet sind, finden sich auch bei der Gestaltung der Kassette wieder. Auszug nach: Andreas
Wittenberg: Göttingen lässt grüßen
– der Dedikationseinband
für die Niedersächsische Staats- und
Universitätsbibliothek Göttingen. In:
Einband-Forschung
H. 45 (2019) |