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Annette Friedrich,
1976 in Hannover geboren, absolvierte ihre Buchbinderlehre in Leipzig
und studierte anschließend an der Hochschule für
Kunst und
Design Burg Giebichenstein in der Klasse für Konzeptkunst Buch
bei
Prof. Mechthild Lobisch. Unmittelbar nach dem Erwerb des
künstlerischen Diploms 2005 ging sie nach London, wo sie
während ihrer Tätigkeit bei dem Buchrestaurator
Charles
Gledhill und bei Book Works sich in die englischen Lebens- und
Arbeitsverhältnisse eingewöhnte. Zu den Erfahrungen,
die
Annette Friedrich in der Behandlung alter Bücher gewann, kam
nach
2005 ihre Annäherung an das moderne englische Einbandschaffen
in
Gestalt von Edgar Mansfield (1907- 1996) und die Vereinigung der
Designer Bookbinder, deren Mitglied sie wurde, noch bevor sie 2008 eine
eigene Werkstatt in London eröffnete.
Neben der Anpassung an die englischen Verhältnisse gelang es Annette Friedrich ihre Eigenart zu entwickeln und das Besondere ihrer persönlichen Entwicklung zwischen dem deutschen und englischen modernen Handeinband zu entdecken. Wichtig dafür war u.a. ihre Rückversicherung zu ihren Hallenser Studienkollegen und deren Zusammenschluss zum club mantell im Jahre 2007. Ausgehend von Anstößen, die bereits das Studium bei Prof. Lobisch vermittelt hatte, geht es dieser Gruppe vorrangig in Deutschland tätiger Einbandgestalter um die gegenwärtigen und zukünftigen Möglichkeiten des Objektes Buch. Wobei seit 2012 weitere Bereiche der angewandten Künste einbezogen werden. Die Verleihung des „Justus Brinckmann Förderpreises“ auf der Hamburger „Messe Kunst und Handwerk“ war eine Bestätigung des eingeschlagenen Weges. 2011 war der club mantell wiederum auf der Hamburger Messe vertreten, diesmal ausschließlich mit Einbänden und deren technischen Möglichkeiten. Der zur Ausstellung erschienene Begleitband unter dem Titel „Begreifen oder: Unterwegs im Detail“ zeigt ebenso wie die vom club mantell ins Internet gestellte Präsentation, welcher moderner Ansatzpunkte und Mittel sich die zeitgenössische Einbandkunst inzwischen bedient. Für den Dedikationsband zum Heft 29 der „Einband-Forschung“ stand von Anfang an für Annette Friedrich Pergament als Bezugsstoff und zugleich als technische Herausforderung fest. Dabei spielte der Kontrast zwischen einer zeitgenössischen Haut mit lebhafter Maserung und dem Inhalt mit alten Einbänden eine Rolle. Vielleicht unbewusst, hat dabei auch die Tradition englischer klassischer Einbände im 20. Jahrhundert mitgespielt. Die Drucke der englischen Buchkunstbewegung, ausgehend von William Morris (1834 –1896) und seiner Kelmscott Press sind mit Handeinbänden in Pergament und deren zurückhaltender Vergoldung verbunden. Hundert Jahre später hat Annette Friederich im Jahre 2012 ohne direkten Bezug auf diesen historischen Hintergrund Entwürfe zu einem flexiblen Einband in Pergament geschaffen. “Mir erschien es wichtig, dem Heft seinen Forschungscharakter zu erhalten und so entwickelte ich einen flexiblen Einband, der ihm mehr Körper und dennoch Leichtigkeit und Eleganz verlieh. ... Der eigentliche Einband besteht aus je einem Pergamentstreifen für Vorder- und Hinterdeckel, die sich im gefalteten Rücken verzahnen.“ Ihr Bekenntnis, dass sie die weiß gebliebene Stelle des Pergamentes am Rücken nicht für das eigentlich dazugehörende Titelschild nutzen konnte, da die Prägefolie nicht den Spannungen des Faltens gewachsen war, zeigt wie eine heutige Buch- und Einbandgestalterin sich den Gegebenheiten des Materials in der Gestaltung offen und ehrlich stellt und nach weiteren Lösungen sucht. So trägt nun der blaugraue Schuber das gewünschte Titelschild. Erkennbar ist bei Annette Friedrich die Freude an der Realisierung der erhofften ästhetischen Wirkung. Diese beschreibt sie mit folgenden Worten: „Beim Durchblättern des Heftes stellt sich ab einem gewissen Punkt der Rücken auf und das Heft balanciert auf diesem kleinen Sockel. Die Vorder- und Hinterdeckel bauschen sich zu einer Woge auf und es ergibt einen schönen schwebend-tragenden Schwung. Der Einband funktioniert quasi als Pult.“ Ein Klappschuber mit angebrachtem Band in kontrastierendem Weinrot beschwichtigt das temperamentvolle Pergament des Einbandes. Dieser ist eine gelungene Symbiose von rationalen Überlegungen zu einer anspruchsvollen Aufgabenstellung, die mit der deutschen Einbandforschung verbunden ist, und Anstößen, die aus dem englischen Umfeld der Einbandgestalterin Annette Friederich kommen. Auszug aus: Schaefer, Helma: Bound for Success. Zum Dedikationsband von Annette Friedrich, London in: Einband-Forschung Heft 31/September 2012 S. 4-6 http://www.annette-friedrich.com/ http://www.club-mantell.de/projekte/ |