Dedikationseinbände des AEB

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Dedikationsband 2011 (Nijmegen) von Miroslava und Lubomír Krupka (Úvaly)
zur Einbandforschung Heft 27/Oktober 2010


Das buchbinderische Atelier von Miroslava und Lubomir Krupka befindet sich mit einer Druckwerkstatt in Úvaly in der Nähe von Prag. Als Kennzeichen ihres Ateliers haben sie einen Kreis gewählt, der durch ein doppeltes K spiegelverkehrt geteilt wird und gleichzeitig weitere Flächenaufteilungen andeutet. Bereits dieses Signet verrät, dass wir es bei den Krupkovis mit Buchkünstlern zu tun haben, die ihr künstlerisches Metier auf verschiedenen Ebenen – der Geschichte, des Handwerks, der Typographie  und vor allem der Phantasie – auszuloten versuchen.
Miroslava und Lubomir Krupka wurde beide 1953 in Prag geboren und besuchten die Kunstgewerbeschule für das graphische Gewerbe. Zum buchbinderischen Abschluss kam bei Lubomir Krupka eine Schriftsetzer- und Restauratorenlehre hinzu. Ihre Eheschließung schuf die persönliche Basis für eine gemeinsame Werkstatt.
Da es unter den sozialistischen Bedingungen in der ČSSR keine spezielle künstlerische Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Einbandgestaltung gab, suchten viele jüngere Buchbinder und Grafiker in den 1970er und 1980er Jahren den Kontakt zu den erfahrenen Einbandgestaltern der älteren Generation. Für die Krupkovis wurden Jindřích Svoboda (1909-2001) und Tomas Vyskočil (geb. 1932) in Prag zu verständnisvollen Mentoren.
Heute lässt sich sagen, dass sich im Einbandschaffen von Miroslava und Lubomir Krupka die besondere Entwicklung des tschechischen Einbandschaffens in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts widerspiegelt. Als Ausgangspunkt gehört dazu die Kenntnis und Achtung der Einbandgeschichte und wie bei ihren Vorbildern Blažek, Doležal, Svoboda und Vyskočil die Notwendigkeit der Beherrschung der handwerklichen Grundlagen des buchbinderischen Tuns. Das bestätigen ihre Einbände aus den frühen 1970er und 1980er Jahren, die in Ehrfurcht vor dem Leder als bevorzugtem, traditionellem Material und den Techniken des Blind- und Golddruckes sowie der Lederauflagen und –intarsien geschaffen wurden.
Mit der Teilnahme an den Triennalen und weiteren Ausstellungen im In- und Ausland wuchs der Mut zu weiteren buchgestalterischen Möglichkeiten mit Schrift und Papierapplikationen. Ähnlich wie Jindřich Svoboda reizte es die Beiden, das Pergament auf neue Weise beim Handeinband zur Wirkung zu bringen. Andererseits waren es die gestalterischen Herausforderungen des Pappbandes und die dabei zum Einsatz kommenden selbstgeschöpften Buntpapiere, die zu Experimenten und gleichzeitig zu Überlegungen über historische Hintergründe verführten.
In den 1980er Jahren wandten sich viele tschechische Buchgestalter den sogenannten Autoren-Büchern zu. Maßgeblich ist dabei die Umsetzung einer gestalterischen Vorstellung, die von einem speziellen Material und dessen naturbedingter Ausdrucksmöglichkeit ausgeht. Der Einbandgestalter wird dabei zum Formgestalter des Materials. Ursprünglich nutzten die Krupkovis die Strukturen des handgeschöpften Papiers oder die Maserung des Pergamentes. Ein weiterer Schritt waren Arbeiten mit Holz, aus dem für einen Einband einzelne Buchstaben geschnitzt wurden. Mehrere dieser Autorenbücher wurden in internationale Einbandsammlungen, wie der im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig, aufgenommen.
Der Handeinband, der für die Universiteitsbibliotheek in Nijmegen im böhmischen Úvaly geschaffen wurde, ist eine Symbiose aus historischen Anspielungen, Respektierung handwerklicher Erfordernisse und Spielen mit der Phantasie. Da ist zunächst die Herausforderung einer Zeitschrift mit einbandhistorischer Thematik und den Möglichkeiten moderner Gestaltung bis hin zur Anwendung von Lasertechnik für das Ornament. Eine weitere Entscheidung liegt in der Wahl des Materials und der erforderlichen Einbandtechnik. Die Leichtigkeit des schmückenden historisierenden Ornamentes auf dem Vorderdeckel wird in dem Farbkontrast von dunklem und hellen Materialien beim Schuber und im Bezug von Vorder- und Hinterdeckel mit dunkelbraunem Velourleder sowie dem in offener Heftung mit gelbem Hanffaden gestalteten Rücken und dessen Beklebung mit Büttenpapier in gleichem hellen Farbton sichtbar. Im Inneren wiederholt sich der Farbkontrast zwischen Hell und Dunkel im Spiegel aus Velourleder und goldgelben Vorsatzblättern. Ein gestalterischer Gag ist die auf dem Schuber ausgestanzte Durchsicht auf das Ornament des Vorderdeckels. Der Schuber unterstützt mit seinem dunklen, gewellten Bezug die Absicht, mit farblichen Kontrasten, historischen Anspielungen und einem bewegten Linienspiel einen gestalterischen Zugang zur Beschäftigung mit der Geschichte des Einbandes zu schaffen.

Auszug aus:                          
Schaefer, Helma:  Böhmen liegt am Meer. Ein tschechischer Handeinband für die Universiteitsbibliotheek Nijmegen
in: Einband-Forschung Heft 29/Oktober 2011 S. 4-6

http://www.atelierkrupka.cz/

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