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Nadine
Adrian, Jahrgang
1975, stand nach dem Abitur in Hannover vor der Frage, welchen
Neigungen, von den Naturwissenschaften bis zum Design, sie folgen und
eine dementsprechende Ausbildung sie machen sollte. Sie entschied sich
für eine traditionelle Buchbinderlehre, die erforderlichen
Grundlagen für den Buchbinderberuf erwarb sie in
Handwerksbetrieben in München und Rottenburg. Ein
dreimonatiges
Praktikum in den USA erweiterte den menschlichen Horizont und die
buchbinderischen Erfahrungen. 2000 ging mit einer Anstellung in der
traditionellen Düsseldorfer Buchbinderei von Renate Mergemeier
ein
lang gehegter Wunsch für Nadine Adrian in Erfüllung.
Nach dem
Besuch von Weiterbildungskursen in Ascona bewarb sie sich 2006 um einen
Praktikumsplatz im Pariser Atelier von Jean de Gonet. Dort gewann
Nadine Adrian Einblick in Gonets ungewöhnliche
Einbandgestaltungen, deren puristische Wirkung sich aus der Eigenart
des Materials und dessen funktionalem Einsatz beim Zusammenwirken von
Decken und Rücken ergeben. Die in Paris gewonnenen
gestalterischen
Impulse vertiefte Nadine Adrian in der folgenden Zeit durch Kurse an
der Schule und im Musée von Mariemont in der Nähe
von
Brüssel. Bereits 2007 hat sie ein Design-Studium in
Köln
aufgenommen.
Der Handeinband, den Nadine Adrian zum Heft 25 der „Einband-Forschung“ geschaffen und gestaltet hat, verrät die solide handwerkliche Herkunft und offenbart zugleich gestalterische Anregungen, die sie in Frankreich, der Schweiz und Belgien erhalten hat. Die beiden dominierenden Farben blau und grün kontrastieren miteinander sowohl auf der Kassette wie auf dem Einband selbst und verleihen dem Ganzen eine ausgewogene Ruhe und heitere Erwartung. Diese Einstellung wird durch den Materialwechsel von Papier und Leinen weiterhin unterstützt. Eine spielerische Nuance tritt mit dem fliegenden Vorsatzblatt aus doppelseitigem grünem Leinenbezug hinzu. Farblich auf den Bezug abgestimmte Pergamentstreifen, die über den Falz zum Rücken führen, verweisen einerseits auf die Struktur des Bandes, haben anderseits gleichfalls etwas Leichtes und Spielerisches. Schwierig mag die Entscheidung für die notwendige Schrift bei diesem, ganz auf ein ästhetisches Zusammenspiel orientierten Band gewesen sein. Eine mögliche Verwendung als schmückendes Ornament kam nicht in Frage, vielmehr hat die Schrift in diesem Falle sowohl funktionale wie auch strukturierende Aufgaben zu übernehmen. Das geschieht auf sehr originelle Weise. Nadine Adrian wählte ein schwarzes Streifenband mit weißer Beschriftung für den Haupttitel auf dem Vorderdeckel und das Gleiche für den gestalterischen Nachweis im Hinterdeckel. Die weiteren, untergeordneten Angaben zur Herausgeberschaft und Zählung erfolgen dezent in schwarzer Prägung. Der von Nadine Adrian zum 25. Heft der „Einband-Forschung“ geschaffene Handeinband offenbart einen gestalterischen Standpunkt, der aus der Verbindung von handwerklichem Können und Aufnahmebereitschaft für neue künstlerische Sichtweisen dem modernen Einband berechtigte Perspektiven verleihen können. Auszug aus Schaefer, Helma: Perspektiven des modernen Handeinbandes in: Einband-Forschung Heft 27/September 2010 |