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3. Jahrestagung

8.-10. September 1998
Hildesheim, Dombibliothek

Tagungsbericht

Hildesheim, 8.-10. September 1998

Der Arbeitskreis für die Erfassung und Erschließung Historischer Bucheinbände (AEB) traf sich zu seiner 3. Jahrestagung vom 8. bis 10. Oktober 1998 in Hildesheim.

Wie bereits im vergangenen Jahr in Michelstadt fanden sich mehr als 40 Teilnehmer aus dem Kreis der Bibliothekare, Restauratoren und Bibliophilen im stilvollen Neubau der Dombibliothek ein, um sich über die neuesten Erkenntnisse auf dem Gebiet der Einbandforschung zu informieren und auszutauschen.

Mit seinem Einführungsvortrag am Donnerstagabend eröffnete der Leiter der Dombibliothek, Dombibliothekar Jochen Bepler, als Gastgeber die Tagung. Er gab u. a. einen Überblick über die Geschichte der Bibliothek, die als die älteste Norddeutschlands gilt.

Der Freitag begann mit der Begrüßung der Teilnehmer durch Weihbischof Koitz. Er präsentierte einen modernen Evangeliareinband und stellte dadurch die Verbindung zu den historischen Prachteinbänden kirchlicher Auftraggeber her.

Dr. von Rabenau, der Vorsitzende des Arbeitskreises, leitete mit einem kurzen Überblick über den aktuellen Stand der Einbandforschung über zum Vortrag von Annelen Ottermann (Mainz). Ihr Thema "Man sieht nur, was man weiß " bezog sich auf Koperte. Dies sind mittelalterliche flexible Einbände, meist aus Pergament, deren Schönheit und solide handwerkliche Bearbeitung sich erst dem Kenner, der sie einschätzen kann, erschließt. Durch zahlreiche Dias wurde die Form des Koperteinbandes bildlich erläutert. Frau Ottermann verteilte am Schluß Bögen zur Erfassung von Koperten. Jeder Fachkundige ist aufgerufen, einschlägige Einbände anhand des Bogens auszuwerten und an den AEB zu melden.
In der anschließenden, von Dr. Brinkhus (Tübingen) geleiteten, lebhaften Diskussion wurde deutlich, daß auf dem Gebiet der Kopertforschung noch viele Fragen offen sind, beginnend mit einer eindeutigen Definition des Begriffs "Kopert".

Im zweiten Vortrag beschäftigte sich Dr. Gerhard Mühlinghaus (Frankfurt/M.) mit Verlagseinbänden des Jugendstils, die zunehmend das Interesse der Forschung finden. Herr Mühlinghaus verfügt über eine umfangreiche Sammlung solcher Bände und konnte daher durch Gegenüberstellung exemplarischer Dias zeigen, daß derselbe künstlerische Entwurf häufig für Einbände verschiedener Verlage verwendet wurde.

Nach der Mittagspause konnten bei einer Führung durch das Dommuseum Hildesheim die Zimelien des Domschatzes (zu dem früher auch die liturgischen Prachthandschriften gehörten) sowie die Sonderausstellung barocken Silbergeräts besichtigt werden.

Im weiteren Verlauf des Tages gab der stellvertretende Vorsitzende des AEB, Gerhard Karpp (Leipzig) einen Bericht über die seit der letzten Tagung geleistete Arbeit.
Es bestehen fünf Arbeitsgruppen, die ständig korrespondierende Mitglieder haben:
Silvie Karpp-Jacottet arbeitet mit der Gruppe „Terminologie des gotischen Einbandschmucks“ an einem Musterbuch. Es soll im deutschen Sprachbereich eine verbale Verständigung über die Motive des gotischen Einbands ermöglichen und zur Eindeutigkeit bei Benennung und Identifizierung verhelfen. Ausgestattet mit Abbildungen und Verweisungen, richtet es sich als Zielgruppe an Einbandkundler und Bibliothekare. Die Veröffentlichung einer praktikablen Liste, die seit langem ein Desiderat darstellt, ist in greifbare Nähe gerückt.

Dr. Mühlinghaus und Helma Schaefer (Leipzig) arbeiten an einer Nachweiskartei zur Einbandgestaltung des 20. Jahrhunderts. Es konnte bereits ein Entwurf vorgelegt werden.

Auch die beiden Arbeitsgruppen Technik und EDV können Fortschritte verzeichnen. In absehbarer Zeit kann mit der Eingabe in die neue Einbanddatenbank begonnen werden.

Für die seit zwei Jahren amtierende Geschäftsleitung des AEB standen Neuwahlen an. Im Amt bestätigt wurden Dr. Konrad von Rabenau (Vorsitz), Gerhard Karpp (Stellvertreter), Andreas Wittenberg (Leiter der Geschäftstelle) Helma Schaefer und Dr. Holger Nickel. Annelen Ottermann schied auf eigenen Wunsch aus. Neu hinzugewählt wurden Dag-Ernst Petersen (Wolfenbüttel) und Angelika Pabel (Würzburg), die für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig sein wird.

Zum Abschluß des Tages sprach Dr. Helmar Härtel (Wolfenbüttel) über Einbände von Handschriften und Inkunabeln aus den Beständen der Dombibliothek Hildesheim.

Der Samstag begann mit dem ersatzweise kurzfristig angesetzten Vortrag von Jochen Goerke (Stuttgart) "Überblick über Geschichte und Technik der Schnittverzierungen". Sehr gut ausgewählte Dias veranschaulichten seltene und kostbare Buchschnittgestaltung wie z. B. das For-Edge Painting (Bemalung des verschobenen Schnitts).

Am Ende der Tagung stand der gemeinschaftliche Vortrag von Konrad von Rabenau (Schöneiche) und Andreas Wittenberg (Berlin) über Platteneinbände des 16. und 17. Jahrhunderts. Es wurde deutlich, daß in diesem Zeitraum häufig verwendete Plattenpaare (z. B. Luther/Melanchthon oder Justitia/Fortuna) Vorder- und Rückseite desselben Stempels bildeten, wie z. B. durch identische Risse in den Abdrücken belegt werden kann.

Die 4. Jahrestagung ist für den 30. September bis 2. Oktober in Tübingen geplant. Das Programm wird rechtzeitig veröffentlicht.

Zur Tagung in Hildesheim ist das 3. Heft der Zeitschrift "Einband-Forschung" erschienen. Für Fragen zum Bezug der Zeitschrift und weitere Auskünfte steht die Geschäftsstelle des AEB zur Verfügung.
Adresse: Andreas Wittenberg, c/o Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz – Abt. Historische Drucke, Unter den Linden 8, 10117 Berlin.

Angelika Pabel

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Aktualisiert am 23.02.2006